Direkt zum Hauptbereich

Schach wird die Geborgenheit der Demokratie entzogen

Das Bundesinnenministerium hat mit sofortiger Wirkung die Leistungssportfördermittel für den Deutschen Schachbund gestrichen.
Zur Begründung heisst es im typischen Beamten-Deutsch: "... es fehle dem Schachsport an der erforderlichen, sportartbestimmenden motorischen Aktivität."
Noch bei der Mitgliederversammlung des DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) im Dezember 2013 wurde einstimmig beschlossen, dass explizit auch der Schachsport zu den förderungswürdigen Sportarten gehört. Der DOSB ist die Dachorganisation der Sportverbände. Ihm wird weitgehende Autonomie hinsichtlich der Festlegung der förderungswürdigen Sportarten zugestanden. Man sollte also meinen, dass hier die Experten sitzen, die die Förderungswürdigkeit des Schachsports richtig beurteilen können.
Es ist bekannt: Schach wird immer Mal wieder - gerade auch von Politikern und von politischen Einrichtungen - zu Werbezwecken mehr oder weniger missbraucht. Zu mehr reicht es meist jedoch nicht. Ganz im Gegenteil. Auch jetzt wird dem Schachsport Mal wieder vor den Kopf gestossen. Der Schachsport wird aus seiner staatlich-politischen Geborgenheit, also aus dem Kreis von Deutschlands (demokratisch gewählter) Volksvertretung, verbannt.
Apropos eine Merkwürdigkeit:
Ist eigentlich eine Streichung von Leistungssportfördermitteln bei den Sportarten aus den Doping-Schlagzeilen angedacht, wo es - unzweifelhaft - genügend "sportartbestimmende motorische Aktivität" gibt? Oder wozu wird hier das Geld gebraucht und verwendet??

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Distress heutigentags

Wer es an die Spitze bringt, auf dem lastet in der Tat ein Leistungsdruck, wie es ihn nie zuvor gegeben hat. Die Informationsflut aus dem Computer überschwemmt ihn, nicht sofort zu reagieren kann tödlich sein, die Kommunikation mit allen Winkeln der Welt fordert ihm höchste Präsenz in jeder Sekunde ab. Obendrein plagen ihn Versagensängste; von Missgunst umlauert fühlt er sich sowieso. Da greifen viele Manager nachts zu Schlaf- und am Tag zu Aufputschmitteln: smart drugs (Muntermachern) oder brain boosters (Denkbeschleunigern, Hirnkompressoren). Erst recht droht ihnen dann über kurz oder lang das Burn-out-Syndrom : das Gefühl, ausgebrannt zu sein, die Depression nach dem Dauerstress - und schließlich der Herzinfarkt, zynisch der Ritterschlag der Leistungsgesellschaft genannt. Dazu natürlich immer wieder die Lust an der Macht, am Status, am Geld, manchmal sogar ein Triumph. Der Sturz eines großen Bosses aber ist besonders tief, mit wie vielen Millionen er auch abgepolstert wäre: Da is...

Junges Vollblut

Im Profi-Schach kommen immer mehr junge Genies auf. Einerseits bedeutet das für die etablierte Garde eine angenehem Abwechslung und (endlich) neue Herausforderungen. Andererseits: Wo kommen die her? Wie geht so etwas? Früher, zu Zeiten von Bobby Fischer konnte man davon ausgehen, dass es sich bei einem so jungen Rekord-Großmeister um eine psychologische Besonderheit handeln musste; es war klar, dass diese wahnsinnige Leistung mindestens eine sehr einseitige Spezialisierung voraussetzte. Wie sich nicht nur bei Bobby Fischer herausstellte, konnte man auch ein psychologisches beziehungsweise soziales Defizit erwarten. Heutzutage erscheinen diese jungen Supergroßmeister erfrischend kommunikativ und mit einem mindestens ausreichenden Maß an sozialer Kompetenz ausgestattet zu sein. Es scheint mir, dass dies die Früchte einer intensiven Computerarbeit sind; die zweite oder gar dritte Welle nach einem Kasparow und einem Leko. Die Schachsoftware und der effiziente Umgang sind heutzutage perfek...