Ein Eintrag vom Freitag, 20.April 1945
Lit.:
Kempowski, W.: Das Echolot. Abgesang ´45. Ein kollektives Tagebuch. München 20052.
Hermine sagt: Bitte sehr.
(a.a.O., S.39f.)Die Ostarbeiterin Anna Popowskaja ∗1926 Görzig bei KöthenIm Frühjahr 1945 erkältete ich mich und bekam eine Angina. Unser Bauer ließ für mich sogar den Arzt holen, wovon wir früher nicht mal träumen konnten. Der Arzt untersuchte mich und verschrieb Medikamente. Eine Woche lang hatte ich Bettruhe. Doch alles umher war sehr unruhig, es gab laufend Bombenangriffe in den nahen Städten.Unsere Kollegin aus Rußland, eine blonde schöne Ludmila, bekam ein unerwünschtes Kind von einem polnischen Zwangsarbeiter. Der Bauer wollte sie an das Arbeitsamt abgeben, das hätte für sie den Weg nach Ravensbrück [Konzentrationslager; Anm.v. mir] bedeutet. Bei uns arbeiteten auch echte Zigeuner aus Rumänien. Ludmila setzte ihr Kind bei ihnen aus. Als wir das erfuhren, waren wir entrüstet.Mit der Liebe sah es bei unserem Bauern sehr streng aus. Die heimliche Liebe erkannte er nicht an. Wenn die jungen Leute es aber ernst meinten, stellte er dem Liebespaar sofort ein separates Zimmer zur Verfügung.Sonntags durften wir zum Tanz ins Dorf gehen. Bei uns war ein bildhübsches Mädchen, Lida. Ein deutscher Junge verliebte sich in sie. Als unser Bauer davon erfuhr, prügelte er sie mit einer Peitsche erbarmungslos durch. Ganz böse war er auf beide, insbesondere auf das «russische Schwein», das damit die deutsche Rasse schänden wollte. Der Junge war aber so verliebt, daß er seine Mutter bewegen konnte, Lida dem Bauer abzukaufen.
Lit.:
Kempowski, W.: Das Echolot. Abgesang ´45. Ein kollektives Tagebuch. München 20052.
Hermine sagt: Bitte sehr.
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