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Wendekreis des Krebses

Der belebende Wert der Erfahrung, der Hauptquelle von Weisheit und Schöpfertum, wird wieder zur Geltung gebracht. Es bleiben weite Gebiete voll unvollendeter Gedanken und Taten, ein Bündel von Fetzen und Fasern, mit denen die allzu Kritischen sich selbst erdrosseln mögen. [...] (Hervorhebung v. mir)
Das Buch wird allein durch Fluß und Wechsel der Ereignisse auf seiner Achse gehalten. Gerade weil es keinen Mittelpunkt gibt, ist auch keine Rede von Heldentum oder Kampf, da auch keine Rede von Willen ist, sondern nur von einer Hingabe an das Strömen.
Vielleicht sind die groben Karikaturen deshalb lebensvoller, als die durchgeführten Porträts des herkömmlichen Romans, weil das Individuum heute keine Mitte hat und nicht die leiseste Illusion der Ganzheit hervorbringt. Die Figuren werden in die falsche kulturelle Leere einbezogen, in der wir ertrinken; so entsteht die Illusion des Chaos, dem entgegenzutreten äußertesten Mut verlangt.
(a.a.O., S.5f.)

Lit.:
Miller, H.: Wendekreis des Krebses. Reinbek 1979.

Hermine sagt: Zut alors!

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