Direkt zum Hauptbereich

immer, wenn ich traurig bin

Immer, wenn ich traurig bin, merke ich, erstens, dass ich traurig bin. Das merke ich sonst nicht. Zweitens, ich spüre die Tiefe der Trauer. Und immer sind es die Verluste von Frauen: Mama, Frau, Schwester. (Ja, ich benenne meine Mutter in der Trauer mit Mama.)

Heute - tatsächlich erst heute - ist mir aufgefallen, dass ich mir selbst nicht zugestehe über meine Rolle zu weinen. Ich dürfte das nicht, meine ich immer, so selbstbezogen sein, das darf ich doch nicht, über das, was mir die Personen gegeben haben zu trauern. Schon gar nicht darf ich weinen, nein, schluchzen, weil es mir so sehr fehlt, dass ich diesen Menschen etwas Gutes tun konnte, das mir das so viel unglaublich gefiel, diese Menschen (in ihrer Ganzheit) zu lieben.

Das ist es, was mir heute so eindeutig bewusst geworden ist. Ich trauere um meine Mutter, die mich immer so geherzt hat, ich war mir sicher, wenn ich sie sah, strahlten wir uns beide an. Ich liebte es, sie in ihrem Bademantel morgens beim Kaffee zu sehen, und dass ich ihre Kleiderwahl beurteilen durfte. Meine Schwester, die ich so sehr liebte. Über die ich erst viel zu spät erfuhr, was sie bereits in ihrer Kindheit erleben musste. (Mein Vater dieses Schwein!) Die ich leider durch Umzug viel zu selten sah. Gottseidank durfte ich ihr kurz vor ihrem Ende noch sagen, dass ich sie liebe, und dass das immer so bleiben wird. Sie war so wunderbar. Wir haben versucht uns gegenseitig zu schützen - auch sie mich, wie ich erst kurz vor ihrem Ende begriff -, und wir haben uns beide geliebt. Meine Frau hat sich von mir getrennt. Das hat mir offensichtlich am meisten wehgetan. Auch wenn sie nicht tot ist, auch wenn sie sich auf widerliche und mich demütigende Art von mir getrennt hat, so tat und tut mir dieser Verlust am meisten weh. Dieser Schmerz holt mich in Phasen ein, und tut bis in die tiefsten Tiefen weh. Ich habe ihr meine Liebe unendlich zuteil werden lassen. Gesund ist das nicht, so viel ist klar. Der Schmerz existiert. Ich werde diese Bilder nicht los, anlässlich derer ich ihr meine ganze Liebe zeigte, weil ich in sie vernarrt war. Vernarrt ist zutreffend.

Wie hatte ich angesetzt? Immer, wenn ich traurig bin. Mhh, dann spüre ich, wie wichtig es mir ist, Menschen genießen zu dürfen, sie herzen zu dürfen. Das klingt kindisch, mutet kindisch an. Daher kommt diese Freude in mir vermutlich auch. Ich verliere mich darin, in dieser Liebe, den Frauen nahe sein zu dürfen, sie zu erleben. Ich muss mich allerdings schützen. Die Geben-Nehmen Balance muss stimmen. Wenn da nix zurück kommt, dann ist das für mich ein Warnzeichen. Aus! Auf einer Skala von 10 für kindlich-naive Liebe, also nicht selbst schützende Liebe ist die 8 gesünder. Es gibt so viele wunderbare Frauen.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Distress heutigentags

Wer es an die Spitze bringt, auf dem lastet in der Tat ein Leistungsdruck, wie es ihn nie zuvor gegeben hat. Die Informationsflut aus dem Computer überschwemmt ihn, nicht sofort zu reagieren kann tödlich sein, die Kommunikation mit allen Winkeln der Welt fordert ihm höchste Präsenz in jeder Sekunde ab. Obendrein plagen ihn Versagensängste; von Missgunst umlauert fühlt er sich sowieso. Da greifen viele Manager nachts zu Schlaf- und am Tag zu Aufputschmitteln: smart drugs (Muntermachern) oder brain boosters (Denkbeschleunigern, Hirnkompressoren). Erst recht droht ihnen dann über kurz oder lang das Burn-out-Syndrom : das Gefühl, ausgebrannt zu sein, die Depression nach dem Dauerstress - und schließlich der Herzinfarkt, zynisch der Ritterschlag der Leistungsgesellschaft genannt. Dazu natürlich immer wieder die Lust an der Macht, am Status, am Geld, manchmal sogar ein Triumph. Der Sturz eines großen Bosses aber ist besonders tief, mit wie vielen Millionen er auch abgepolstert wäre: Da is...

Junges Vollblut

Im Profi-Schach kommen immer mehr junge Genies auf. Einerseits bedeutet das für die etablierte Garde eine angenehem Abwechslung und (endlich) neue Herausforderungen. Andererseits: Wo kommen die her? Wie geht so etwas? Früher, zu Zeiten von Bobby Fischer konnte man davon ausgehen, dass es sich bei einem so jungen Rekord-Großmeister um eine psychologische Besonderheit handeln musste; es war klar, dass diese wahnsinnige Leistung mindestens eine sehr einseitige Spezialisierung voraussetzte. Wie sich nicht nur bei Bobby Fischer herausstellte, konnte man auch ein psychologisches beziehungsweise soziales Defizit erwarten. Heutzutage erscheinen diese jungen Supergroßmeister erfrischend kommunikativ und mit einem mindestens ausreichenden Maß an sozialer Kompetenz ausgestattet zu sein. Es scheint mir, dass dies die Früchte einer intensiven Computerarbeit sind; die zweite oder gar dritte Welle nach einem Kasparow und einem Leko. Die Schachsoftware und der effiziente Umgang sind heutzutage perfek...