Mit anderen Worten, wir sind in eine neue Phase der Evolution eingetreten. Zunächst vollzog sie sich durch die natürliche Selektion, gestützt auf Zufallsmutationen. Diese Darwinsche Phase dauerte ungefähr dreieinhalb Milliarden Jahre und brachte uns hervor, Geschöpfe, die eine Sprache entwickelten, mit der sie seither Informationen austauschen. Doch seit etwa zehntausend Jahren befinden wir uns in einem Stadium, das man als Phase der externen Übertragung bezeichnen könnte. In diesem Zeitraum hat sich der interne Informationsbestand, der in der DNS an nachfolgende Generationen weitergegeben wird, nicht wesentlich verändert. Doch der externe Bestand - in Büchern und anderen dauerhaften Speichermedien - ist enorm angewachsen. Einige Menschen lassen den Begriff Evolution nur für das intern übertragene genetische Material gelten und kritisieren seine Ausweitung auf Informationen, die extern weitergegeben werden. Doch ich denke, diese Auffassung ist zu eng. Wir sind mehr als nur unsere Gene. Wir sind vielleicht nicht stärker oder von Natur aus intelligenter als unsere Vorfahren, die Höhlenmenschen. Doch was uns von ihnen unterscheidet, ist das Wissen, das wir in den letzten zehntausend Jahren zusammengetragen haben, vor allem in den letzten dreihundert Jahren. Ich denke, es ist legitim, den Begriff weiter zu fassen und neben der DNS auch die extern übertragene Information hzur Evolution der menschlichen Spezies zu rechnen.Die Zeitskala der Evolution in der Phase der externen Übertragung ist die Zeitskala der Informationsakkumulation. Diese rechnete früher nach Hunderten oder Tausenden von Jahren, während sie heute auf fünfzig oder weniger Jahre geschrumpft ist. Auf der anderen Seite haben sich die Gehirne, mit denen wir heute Informationen verarbeiten, nur auf der Darwinschen Zeitskala entwickelt, die in Schritten von Hunderttausenden von Jahren mißt. Das wirft allmählich einige Probleme auf. Noch im 18. Jahrhundert soll es Menschen gegeben haben, die jedes bis dahin geschriebene Buch lasen. Doch wenn Sie heute ein Buch pro Tag läsen, bräuchten Sie ungefähr fünfzehntausend Jahre, um sich durch den Bestand einer Nationalbibliothek durchzuarbeiten.Daraus folgt, daß niemand mehr als einen kleinen Zipfel des menschlichen Wissens beherrschen kann. Menschen müssen sich auf immer kleinere und kleinere Gebiete spezialisieren.[...]
(a.a.O., S.217)
Lit.:
Hawking, S.: Das Universum in der Nußschale. München 2003.
Hermine sagt: Bitte sehr.
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