Direkt zum Hauptbereich

Übungen aus dem Buch

Zuhause

Übungen aus dem Buch: Stefanie Stahl, Jeder ist beziehungsfähig: Der goldene Weg zwischen Freiheit und Nähe

Bindungsprogramm

Erster Schritt: Welcher Qualität war deine Bindung zu deinen Eltern?

Übung: erkunde die Bindung zu deinen Eltern.

Mama:

Lieb, herzlich; zugewandt, aber zwischen sich und Papa hin- und her gerissen; nicht schützend; depressiv; seöbstbezogen; überfordert; missbrauchend - Seelentröster

Papa:

zuverlässig; arb eitsam; selbstbezogen; wenig verständnisvoll; missbrauchend; reizbar; unberechenbar; überfordert; kühl; abwesend - Montage; eifersüchtig; kritisierend; distanziert

Zweiter Schritt: Welche Gefühle waren daheim erwünscht bzw. unerwünscht?

Übung: Wie gingen deine Eltern mit Gefühlen um?

Stolz war nicht gern gesehen bei Papa. Mama hat das so hingenommen, sie war immer froh über meine Intelligenz. Die hat sie im Hin und Her mit Papa nicht gefördert; eigentlich hat sie mich nicht gefördert, sie war in ihrer Selbstbezogenheit (spätere Krankheit) sogar relativ gleichgültig. Wut/Zorn wurden nicht zugelassen; Mama hat mich die wenigen Male, wo das so war, runtegekühlt, um mich für Papa zu beruhigen. Wen ich traurig (und schwach) war, gab es echte Nähe zu Mama, sie war immer da; sie konnte mir jedoch meine Fragen nicht beantworten; Papa konnte mit Traurigkeit nicht umgehen. Bei Freude, gerade bei ausgelassener Freude, wusste ich immer, dass das nicht gutgehen wird. Liebe - obwohl meine Mama sehr herzlich war - kam irgendwie vor, irgendwie aber auch nicht. Liebe war irgendwie auch mit Trauer verknüpft - und nicht einfach.

Nach dem Guten, nach "zu viel" Gutem kam garantiert etwas Schlechtes.

- Mit welchen Gefühlen kannst du gut umgehen, welche unterdrückst du oder fühlst dich ihnen zu stark ausgeliefert?

Ich erlaube mir die traurigen Gefühle, Trauer und Melancholie, eigentlich weniger Trauer mehr Weinen! Meiner Trauer/Melancholie fühle ich mich gleichzeitig ausgeliefert. So erging es auch meiner Mutter (dieses Gesicht dazu). Auffallend ist, sobald ich mir richtig Gutes tue überkommen mich Traurigkeit und dieses immer gleiche Gefühl von Rührung und Melancholie (s. "dieses Gesicht dazu").

"Ein Indianer kennt keinen Schmerz." kenne ich von Papa. Freude hält nie lange an und wird unterdrückt oder bestraft. Wut und Zorn auch Ärger werden nicht geduldet bzw. Mama hatte mich "für Papa" runtergeregelt. Lustigkeit/Witzigkeit kamen von mir manchmal spontan, was für eine gewisse Zeit Entspannung in die Familie brachte. Kennzeichnend waren eine stoische Gefühlsabschaltung und eine Spannung, was sich, glaube ich, bei mir manchmal in selbstverletendem Verhalten und viel Sport äußerte. Ich bin aber gnädig zu mir, denn ich weiß heute, aus vielen Filmen/Serien, dass Manches einfach zum Erkunden und menschlichen Verhalten gehört, was ich als rein selbstverletzend bezeichnet habe.

Dritter Schritt: Welche Rolle, welchen Auftrag hattest du in deiner Familie?

Übung: Was war deine Familienrolle?

Ich hörte sehr früh (seit ich mich erinnere), ich sei sentimental und sensibel. Ich sei stur und dickköpfig hieß es auch, vor allen Dingen dann, wenn ich etwas nicht wollte, wie mich fotografieren lassen. (Vermutlich) Hieß es, ich sei sensibel und sentimental, wenn ich etwas weggeben oder wegwerfen sollte, wenn ich traurig war, wenn Menschen weggingen. Ab und zu sorgte ich für entspannte Lacher: Für meinen Papa war ich wohl Konkurrent, er war eifersüchtig und distanziert. Für meine Mama war ich Seelentröster. Ich war sehr intelligent: mütterlicherseits der Star, nach außen für die Verwandten der Star, für meinen Papa eine Bedrohung/Überforderung. Einerseits sollte ich ein Mann werden, andererseits wurden sämtliche Ambitionen und Regungen in diese Richtung unterdrückt, lächerlich gemacht bzw. als unethisch gesehen.

Mama: Sexualität und Aggression

Papa: Aggression und Selbstbewusstsein, Sexualität, Intelligenz

--> das wurde jeweils im Keim erstickt bzw. lächerlich gemacht

Bei Mama war Intelligenz einerseits meine Parade-Eigenschaft, andererseits lebte ich das an ihrer Stelle; es war das, was Papa an mir beneidete, weil ich gerade dadurch seine Konkurrenz war (ich behaupte, er war selbst intelligent, war bei seinen Pflegeeltern jedoch nur das Arbeitskind). Auch hat Mama meine Intelligenz nicht so gefördert und gelobt, weil sie eben das angesichts von Papa (Eifersucht) nicht durfte sozusagen. Mehr unbewusst habe ich Mama und Svenja immer beschützt gegen Papa; das ist eigentlich recht zentral.

Vierter Schritt: Deine Glaubenssätze zu Bindung, Liebe und Familie bzw. Beziehung

Ich bin okay. Ich werde geliebt. Für mich wird gesorgt. Ich genüge nicht. Ich muss deine Erwartungen erfüllen (funktionieren, perfekt sein). Ich darf nicht fühlen (nicht traurig, wütend sein usw.). Ich muss mich anpassen (verbiegen, keinen eigenen Willen haben). Ich muss dich glücklich machen. (Ich bin für dein Glück verantwortlich.) Meine Sorgen sind nicht wichtig. (Die Sorgen anderer sind wichtiger.) Ich bin allein. Ich darf nicht so sein, wie ich bin.

Übung: Finde deine Kernglaubenssätze.

Ich werde verlassen. Ich genüge nicht.

Fünfter Schritt: Identifiziere deine Gefühle.

Übung: Erkenne deine Gefühle.

Ich habe in Beziehung sehr oft Trauer gleich nach Freude erlebt. Und ganz viel Verzweiflung. Dahinter liegt eigentlich starke Versagensangst und eben Verlustangst. Ich wünsche mir Liebe auf Augenhöhe ohne Konkurrenz und Druck. Dass ich genauso viel Wert bin wie die Person und ihre Wünsche usw., die ich liebe.

Sechster Schritt: Zusammenfassung

Übung: Dein Bindungsprogramm auf den Punkt gebracht.

Ich könnte sehr viel schreiben. Überwiegend ist da dieses Gefühl: ich genüge nicht. Ich bin dafür zuständig, dass es anderen gut geht (Mama) - meine Gefühle müssen warten. Gleichzeitig darf ich meine Wut gegen den vermeintlichen Aggressor (Papa) nicht rauslassen. Aber egal, was ich mache, wie ich mich engagiere: ich versage; ich werde verlassen.

-->

Und genau diese Frauen habe ich immer gesucht, angefangen mit Mama. Das ich mich hinten anstellen muss, mich klein machen muss, der/dem anderen entsprechen muss, ist auch bei Freundschaften so. Und doch bin ich am Ende alleine!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Distress heutigentags

Wer es an die Spitze bringt, auf dem lastet in der Tat ein Leistungsdruck, wie es ihn nie zuvor gegeben hat. Die Informationsflut aus dem Computer überschwemmt ihn, nicht sofort zu reagieren kann tödlich sein, die Kommunikation mit allen Winkeln der Welt fordert ihm höchste Präsenz in jeder Sekunde ab. Obendrein plagen ihn Versagensängste; von Missgunst umlauert fühlt er sich sowieso. Da greifen viele Manager nachts zu Schlaf- und am Tag zu Aufputschmitteln: smart drugs (Muntermachern) oder brain boosters (Denkbeschleunigern, Hirnkompressoren). Erst recht droht ihnen dann über kurz oder lang das Burn-out-Syndrom : das Gefühl, ausgebrannt zu sein, die Depression nach dem Dauerstress - und schließlich der Herzinfarkt, zynisch der Ritterschlag der Leistungsgesellschaft genannt. Dazu natürlich immer wieder die Lust an der Macht, am Status, am Geld, manchmal sogar ein Triumph. Der Sturz eines großen Bosses aber ist besonders tief, mit wie vielen Millionen er auch abgepolstert wäre: Da is...

Junges Vollblut

Im Profi-Schach kommen immer mehr junge Genies auf. Einerseits bedeutet das für die etablierte Garde eine angenehem Abwechslung und (endlich) neue Herausforderungen. Andererseits: Wo kommen die her? Wie geht so etwas? Früher, zu Zeiten von Bobby Fischer konnte man davon ausgehen, dass es sich bei einem so jungen Rekord-Großmeister um eine psychologische Besonderheit handeln musste; es war klar, dass diese wahnsinnige Leistung mindestens eine sehr einseitige Spezialisierung voraussetzte. Wie sich nicht nur bei Bobby Fischer herausstellte, konnte man auch ein psychologisches beziehungsweise soziales Defizit erwarten. Heutzutage erscheinen diese jungen Supergroßmeister erfrischend kommunikativ und mit einem mindestens ausreichenden Maß an sozialer Kompetenz ausgestattet zu sein. Es scheint mir, dass dies die Früchte einer intensiven Computerarbeit sind; die zweite oder gar dritte Welle nach einem Kasparow und einem Leko. Die Schachsoftware und der effiziente Umgang sind heutzutage perfek...