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Wetterfühligkeit I

Immer so ziemlich um dieselbe Zeit im Jahr leide ich unter meiner Wetterfühligkeit. Mist.

Ich fühle mich als steckte ich in meinem eigenen Glashaus, ich möchte unbedingt, dass jemand hereinkommt und mich herausholt. Sobald sich jemand dieser Einladung auf der Gefühlsebene annimmt, werde ich dann allerdings abweisend, und das ist noch milde ausgedrückt. Das entspricht absolut nicht meiner eigentlichen Art, normalerweise bin ich bei meinen Mitmenschen für meine durchwegs freundliche und zuvorkommende Art bekannt (Geht es um Ungerechtigkeit, ist das anders, ja das stimmt; solche Ungerechtigkeiten gibt es hingegen seltener als man eventuell gemeinhin denken mag).

Ich muss mich richtiggehend anstrengen, hier etwas halbwegs Vernünftiges, welches dazu auch noch meinen Gemütszustand annähernd beschreibt, zu notieren. Alles ist für mich super verlangsamt. Beim Auto fahren muss ich da besonders aufpassen. Ich erwischte mich heute mindestens zwei Mal dabei, dass ich mit meinen Gedanken ganz tief in einer Idee feststeckte. Ich dachte mir dann immer, mein Gott wenn jetzt irgendwas Unvorhergesehenes passiert wäre, ich hätte doch gar nicht reagieren können.

Gott sei Dank ist ja, wie bisher noch immer während meiner Phasen der Wetterfühligkeit - Depression will ich es nicht nennen; eher noch Melancholie -, alles gut gegangen. Und ich bin ja mittlerweile Experte in meiner eigenen Wetterfühligkeit (die Angst, dass daraus mal mehr wird, schwingt schon mit), so dass ich weiß, das geht nach ein paar ganz wenigen Tagen wieder vorüber. (Jetzt weiß ich auch, weshalb ich früher - vor wieviel Jahren - immer mal solche Phasen hatte, während derer ich zum Beispiel zehn Tafeln Schokolade innerhalb von drei Tagen weggemümmelt habe; oder weshalb ich früher so manches Mal phasenweise zum Siebenschläfer mutierte. Diese ganze Wetterfühligkeit begleitet mich schon sehr viel länger, als ich es bisher vermuten mochte.)

Ich kann mich jetzt übrigens nochmals umso besser darein versetzen, dass es manchen Menschen nach einem Einkauf oder nach (unorthodoxem) Essen besser geht, und es somit Menschen gibt, die dann aus diesem Erlebnis heraus - aus dieser Erlebniskoppelung heraus -, beides, das Kaufen beziehungsweise das Essen, im Sinne einer Bewältigungsstrategie für ihre (emotionalen) Probleme einsetzen.

Hermine sagt: Komm.

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