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WikiLeaks und das Schweigegelübde

Da hat aber ein Mensch beziehungsweise eine Organisation einmal so richtig ein Hornissen-Nest ins Schaukeln gebracht: Herr Assange und sein WikiLeaks.

Jeder, fast jeder, redet darüber: Huch, die armen Politikerchen, das kann man doch nicht machen, (wir müssen doch immer schön brav folgsam sein) unser Land – Ja, immer runter mit den Köppen. - Alles ist vertreten.

Welche Motivation steckt hinter Herrn Assanges Willen zur Enthüllung – ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben? Dieses Sein-Selbst-mit-einer-Idee-verschmelzen?

Mir fällt bei dem, was um dieses WikiLeaks Projekt herum alles so aufkommt immer eine Parallele zum Schweigegelübde in Familien auf. (Hat Herr Assange das erlebt?) Ich weiß nicht, ob es sich so einfach vom Mikrokosmos der Familie auf den Makrokosmos der Weltpolitik und ihren Verstrickungen übertragen lässt.

Da wird von den Angehörigen der jeweiligen Institutionen verlangt zu schweigen. Es wird gelernt, schon in den in diesen Kreisen beliebten Internaten, eine Clique zu sein. Nichts darf nach Außen dringen: das ist ein Schutz für die jeweilige Gruppe; das verschafft der Gruppe Macht (gegenüber anderen Gruppen) – jemand, der sich auf dieses Schweigegelübde einlässt, einlassen muss, ist seiner eigenen Gruppe auf Gedeih und Verderb ausgeliefert; so ein jemand sieht am besten zu, dass er in der Gruppe möglichst weit oben ist oder dorthin gelangt, denn ansonsten erfährt er ziemlich schnell die riesigen Nachteile eines solchen Gruppen-Schweige-Abkommens: er wird leiden, und er darf nichts sagen, er darf sich nicht wehren. - Nun, kurz: ist das Volk das unmündige Kind, dass nichts sagen darf? Das unmündige Kind, das keine andere Wahl hat (weil es so vulnerabel ist)? Manchmal kann es einem so vorkommen.

Und: wie passt der Mainstream-Journalismus in dieses Schema? Ein Familienmitglied? Ein Eingeweihter in die Familiengeheimnisse? Als typisch empfinde ich - und umso wichtiger ist diesbezüglich in meinen Augen WikiLeaks -, dass der Mainstream-Journalismus - den wir alle so lieben - aus den ca. 250.000 Depeschen (um die es wohl aktuell geht) mehr oder weniger triviales, wenn nicht sogar amüsantes Zeugs enthüllt, ans Tageslicht bringt. Nebenbei, es soll ja wohl einen deutschen WikiLeaks-Ableger geben - das empfände ich als eine Farce in sich (das wäre wie als würde in Belgien ein WikiLeaks-Ableger installiert; von wegen Mentalität des Schweigegelübdes und der wichtige schöne Schein nach Außen).

Enthüllungen, dieses Wort impliziert meines Erachtens schon, dass da etwas ist, das unter normalen Umständen nicht so schnell an das Tageslicht gewollt hätte. Klar dass da ein Aufschrei auch und gerade durch Berlusconi- und Putin-Reihen geht.

Da wird als ein Gegenargument gegen WikiLeaks beziehungsweise gegen die Objektivität und Unabhängigkeit WikiLeaks´ vorgebracht, dass sie ja wohl nur bestimmte Länder beziehungsweise deren Vertreter (bevorzugt) desavouieren würden. Warum denn nicht die anderen auch, ist die Frage? Ich meine: WikiLeaks, kann doch (vorerst) nur als ein Anfang verstanden werden - Nachfolger oder Parallelgesellschaften(!) werden Anderes und Zusätzliches enthüllen (müssen oder können?). Jedenfalls, das Internet wird es richten, das wird unaufhaltsam sein. - Na, da werden aber einige schöne neue Luxus-Kaffee-Häuser entstehen, die die ganze Ehrenwerte Gesellschaft während ihrer vielen privaten, rein mündlichen Informationsgespräche beherbergen und vor Beobachtung beschützen werden.

Als komisch, letztlich erschütternd empfinde ich wiederum auch im Falle WikiLeaks: Wie rasend schnell kann alles gehen! Assange ist direkt verhaftet - und wird so schnell nicht wieder die Freiheit erblicken, darin können wir uns alle sicher sein (wenn er das alles überhaupt unversehrt überstehen sollte). - Erleben wir so ein schnelles und konsequentes Vorgehen im Rahmen von Schwerverbrechen, Terrorismus und Organisierte Kriminalität bitte, bitte auch einmal – bitte!!

Ich habe keine groß angelegte Meinung zu WikiLeaks.

Der beste Schutz gegen Enthüllung ist Transparenz. Ich meine, da ist sehr viel Wahres dran!

Des weiteren gibt es da eine schöne Übersicht über Videos und Podcasts zu WikiLeaks.

Hermine sagt: Pssst, nichts Deiner Mama sagen und erst recht niemand anderem, meinst Du so?

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