Das folgend beschriebene Muster „passiert“ mir in meinen Beziehungen zu Frauen sowie in meinen Freundschaften mit Männern und Frauen tatsächlich - eben immer wieder. Und zwar nehme ich dabei die als langweilig beschriebenen Seite ein. Auch wenn mein Leben überhaupt nicht langweilig ist. Ich bin nur sehr gut darin, selbst in Phasen, in denen die meisten Menschen sich verlieren noch immer mein Gefühl für einen Kompass zu bewahren. Mit diesem Vermögen ziehe ich die im Folgenden eigentlich beschriebene Seite magisch an. - Nachdem mir die Dynamik nun sehr deutlich geworden ist, vielleicht (und hoffentlich) nicht mehr. Denn ein solches Gegenüber bringt naturgemäß viele Eigenheiten eines unsicheren sowie ambivalenten Bindungsstils mit sich, was zum Ende (vgl.u. letzter Satz) explodiert. Und das will ich nicht.
In welchem zwischenmenschlichen Interaktionszusammenhang kann die mitteilungsfreudige-dramatisierende Strömung (Anm.: im Sinne von histrionisch) gedeihen? Oft sind es die eher kontrollierten, gehemmten Beziehungspartner, die ihr Leben – einschließlich ihres Gefühlslebens – auf «Nummer sicher» anlegen, welche mit Faszination nach den Mitteilungsfreudigen und Dramatisierenden Ausschau halten, um sie an sich zu binden. Dies geschieht in der Hoffnung, dass jene expressiven Partner ihnen «Leben in die Bude» bringen, das sie selbst entbehren: Als identifizierter Zuschauer, der dem anderen gebannt an den Lippen hängt, nehmen sie nun doch am aufregenden Leben teil und entgehen so der Monotonie, die der eigene Charakter hervorzubringen neigt. – Zitat einer Studentin: «Ich weiß, daß ich viel zuviel unbedacht drauflosrede. Oft bemerke ich es, aber ich kann es nicht lassen. Bei bestimmten Menschen passiert es mir immer wieder. Besonders bei meinem Partner. Er fordert mich geradezu heraus dazu. Ich möchte ihm schon auch einmal gerne zuhören, aber bei ihm passiert überhaupt nichts Spannendes. Er drängt sich auch nicht gerade um die Position des Erzählenden.»
(…)
Meistens ist dies jedoch nur die eine Seite der Medaille. Mit der Zeit wird auch das Dramatische langweilig, der mangelnde Kontakt und die Reduzierung des Partners auf einen Claqueur lassen ihn enttäuscht und ungeduldig werden – Faszination und «Genervtheit» liegen plötzlich eng beieinander. In dem Maße aber, wie er sich nun gereizt abwendet, den Kontakt unterbricht und dem Mitteilungsfreudigen die Beachtung verweigert, rührt er an dessen seelischem Axiom: Ich bin unwichtig, man interessiert sich nicht für mich – nur wenn ich starke Mittel aufwende, werde ich beachtet! Und je mehr er nun «aufdreht» und die Aufmerksamkeit zu erzwingen sucht, umso gereizter wendet sich der andere ab.
(…)
Nicht, dass dieser Teufelskreis den erstgenannten «harmonischen» Kreislauf außer Kraft setzen und ablösen müsste! Dies kann im Extrem der Fall sein. Aber da ja der Wunsch des Partners nach «Verlebendigung von außen» erhalten bleibt, haben wir in der Regel damit zu rechnen, dass beide Kreisläufe gleichzeitig oder abwechselnd koexistieren und zu einem ambivalenten Gemisch verschmelzen. Die daraus für beide resultierende Verewigung des eigenen Musters gehört ebenso zu den Nachteilen dieser Beziehungsdynamik wie der langsam ansteigende Bodensatz von Kränkung auf beiden Seiten.
(in Anlehnung an Friedemann Schulz von Thun)
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