Viele Bürger scheinen sich die gesetzliche Krankenkasse wie eine Haftpflichtversicherung zu denken, die im Notfall auszahlt, was man vorher als persönliches Risiko versichert hat. Diese grundsätzliche Akzeptanz erklärt, warum ständige Beitragserhöhungen fast klaglos hingenommen werden - während Steuererhöhungen als völlig ausgeschlossen gelten.
Dabei funktionieren viele Sozialversicherungen überhaupt nicht wie Versicherungen. Bei den gesetzlichen Krankenkassen ist dies am deutlichsten, bei denen das »Solidarprinzip« gilt. Die Beiträge richten sich also gerade nicht nach dem eigenen Risiko, sondern werden je nach Einkommen fällig. Umgekehrt sind aber die Leistungen für alle Versicherten gleich, ganz unabhängig davon, wie viel sie eingezahlt haben. Auch Niedriglöhner oder Arbeitslose genießen den vollen Schutz. Damit ist die gesetzliche Krankenversicherung eine Art zweckgebundene Steuer die dazu dient, die Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung zu finanzieren. Entsprechend sind die gesetzlichen Krankenkassen auch gar keine klassischen Versicherungsunternehmen sondern eher Quasi-Behörden.
Daher wäre es eigentlich konsequent, gleich Sozialsteuern zu erheben, die für alle gelten und progressiv gestaltet sind, so dass die Reichen für die Armen zahlen. Doch Steuern sind in Deutschland ein Tabuwort. Es muss unbedingt eine »Versicherung« sein, damit die Fiktion erhalten bleibt, es handele sich um eine möglichst staatsferne Form der Eigenvorsorge, in der jeder ausgezahlt bekommt, was er vorher eingezahlt hat.
(a.a.O., S.171f.)
Lit.:
Herrmann, Ulrike: Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht. Frankfurt/Main 2010.
Hermine sagt: Die Bürokratie wäre dann auch viel lässiger.
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