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Mord oder doch

Immer, wenn ich eine solche Meldung lese werde ich ganz unsicher, ich weiß nicht inwiefern ich dem zustimmen kann; ganz abgesehen davon, dass die wahren Zusammenhänge wohl kein Mensch weiß.

Ich frage mich nämlich immer Folgendes: Kann ich hier tatsächlich von Mord sprechen?

Das hier eine oder mehrere Personen durch die Hand einer beziehungsweise mehrerer anderer Personen ums Leben gekommen ist, erscheint mir klar. Aber schon, wenn man sagen würde es wäre ein unnatürlicher Tod gewesen, bin ich mir nicht ganz sicher: Ist es für Terroristen nicht irgendwo die natürliche Todesart, ist es nicht so, dass mit der mehr oder weniger freiwilligen Entscheidung für die Lebensform des Terroristen, solch eine ansonsten absolut unnatürliche Todesform zur natürlichen geworden ist (auch in Anklang an eine selbsterfüllende Prophezeiung)?

Die weitere Frage ist für mich in diesen und ähnlichen Fällen dann, ob hier eine Differenzierung zwischen dem Gebrauch des Wortes Mord und den möglichen Paarungen bestehen sollte: Geschieht die Tat durch die Hand eines vorher unbescholtenen Menschen an einem bis dahin ebenfalls unbescholtenen Menschen, würde ich klar sagen wollen, dass das ein Mord war. Ebenso würde ich eindeutig von Mord sprechen wollen, bringt eine straffällig gewordene Person, was Straftaten mit Todesfolge angeht, einen bis dahin unbescholtenen Menschen um. Desweiteren: Eine bis zu diesem Zeitpunkt unbescholtene Person bringt eine keineswegs unbescholtene Person, was Straftaten mit Todesfolge angeht, um. Wie nennt sich das dann? Rache? Mord? Gar: Gerechtigkeit? Jetzt aber: Bringt eine straffällig gewordene Person (oder mehrere), was Straftaten mit Todesfolge angeht, eine ebensolche straffällig gewordene Person (oder mehrere) um, wie eben ist dieses zu bezeichnen? Um mein Anliegen noch etwas transparenter machen zu können, sei mir an dieser Stelle ein leicht hinkender Vergleich erlaubt: Prostituierte nennen die Männer ihres Geschäftes Freier - und nicht Ehemann oder Geliebten oder Partner oder Freund. Also, ist eine solche soeben angeführte Tat dann als Rache-Mord zu bezeichnen und der oder die Täter als Rächer? (Hat das nicht sogar etwas Verklärendes?) Oder soll man hier von Terror-Mord reden, um so das Andersartige einer solchen Tat herausstellen zu können - also letztlich ein durch Terror-Mord umgekommener Terror-Mörder? (Hat das nicht etwas Reißerisches?) Soll man sagen Auftrags-Mord und Auftrags-Ermorderter? (Hat das etwas steriles?) Soll man sagen: Heute ist mal wieder ein Mord geschehen, so wie er in diesen Kreisen üblich ist. (Zu umständlich?)

Höchstwahrscheinlich haben die lieben Journalisten Recht mit Ausdrücken wie Mord beziehungsweise Mordtat, auch in Bezug auf den zuletzt skizzierten Fall, der ja wohl auch den aktuellen Anlass klassifiziert (vgl.a.o. erster Link). Aber so richtig anfreunden kann ich mich halt eben nicht damit, warum auch immer, es ist so ein unbestimmtes Unbehagen. - Mord bleibt wahrscheinlich eben einfach immer Mord, basta.

Hermine sagt: Ich mag so etwas gar nicht hören!

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