Direkt zum Hauptbereich

unwissende Zeit

In der Kleinstadt kannte man ja die jüdischen Mitbürger. Die meisten wanderten aus, aber etliche blieben auch da; eine Frau Berg z.B., die hab´ ich als uralte Frau in Erinnerung, 80 war die. Einmal sah ich sie auf einer Bank sitzen, und da setzte ich mich zu ihr. Da sagte sie: »Du weißt doch, daß du dich nicht zu mir setzen darfst, das tu man lieber nicht.« Anfang 1940 hieß es: »Frau Berg wird verschickt.« Dem Nachbarn hat sie noch eine Karte geschickt, aus Theresienstadt. Dann hat man von ihr nicht mehr gehört.
Daß es KZs gab, hat man gewußt.
Hausfrau
Vor dem Ausbruch des Westfeldzuges lag ich an der holländischen Grenze bei einer Familie, die enge Beziehungen zum Kaplan der Orte Lobberich und Grefrath hatte. Insbesondere die Tante Unna erzählte uns viel von dem Bischof Graf von Gahlen der Diözese Münster, der in vielen Hirtenbriefen auf die Behandlung der Juden und auf die Übergriffe der NS-Machthaber hinwies.
Dort habe ich auch zum ersten Male den Ausdruck KZ gehört.
Ingenieur 1921
(a.a.O., S.54f.)

(Die angegebene Jahreszahl meint das Geburtsjahr)

Lit.:
Kempowski, W.: Haben Sie davon gewußt? Deutsche Antworten. Nachwort von Eugen Kogon. München 19993.

Hermine sagt: Waren das Zeiten?!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Distress heutigentags

Wer es an die Spitze bringt, auf dem lastet in der Tat ein Leistungsdruck, wie es ihn nie zuvor gegeben hat. Die Informationsflut aus dem Computer überschwemmt ihn, nicht sofort zu reagieren kann tödlich sein, die Kommunikation mit allen Winkeln der Welt fordert ihm höchste Präsenz in jeder Sekunde ab. Obendrein plagen ihn Versagensängste; von Missgunst umlauert fühlt er sich sowieso. Da greifen viele Manager nachts zu Schlaf- und am Tag zu Aufputschmitteln: smart drugs (Muntermachern) oder brain boosters (Denkbeschleunigern, Hirnkompressoren). Erst recht droht ihnen dann über kurz oder lang das Burn-out-Syndrom : das Gefühl, ausgebrannt zu sein, die Depression nach dem Dauerstress - und schließlich der Herzinfarkt, zynisch der Ritterschlag der Leistungsgesellschaft genannt. Dazu natürlich immer wieder die Lust an der Macht, am Status, am Geld, manchmal sogar ein Triumph. Der Sturz eines großen Bosses aber ist besonders tief, mit wie vielen Millionen er auch abgepolstert wäre: Da is...

Junges Vollblut

Im Profi-Schach kommen immer mehr junge Genies auf. Einerseits bedeutet das für die etablierte Garde eine angenehem Abwechslung und (endlich) neue Herausforderungen. Andererseits: Wo kommen die her? Wie geht so etwas? Früher, zu Zeiten von Bobby Fischer konnte man davon ausgehen, dass es sich bei einem so jungen Rekord-Großmeister um eine psychologische Besonderheit handeln musste; es war klar, dass diese wahnsinnige Leistung mindestens eine sehr einseitige Spezialisierung voraussetzte. Wie sich nicht nur bei Bobby Fischer herausstellte, konnte man auch ein psychologisches beziehungsweise soziales Defizit erwarten. Heutzutage erscheinen diese jungen Supergroßmeister erfrischend kommunikativ und mit einem mindestens ausreichenden Maß an sozialer Kompetenz ausgestattet zu sein. Es scheint mir, dass dies die Früchte einer intensiven Computerarbeit sind; die zweite oder gar dritte Welle nach einem Kasparow und einem Leko. Die Schachsoftware und der effiziente Umgang sind heutzutage perfek...