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Ein befreiender Traum

Ich bin nicht schweißgebadet aufgewacht. Ich hatte nur - für mich das erste Mal - einige Zeit lang Angst aufzustehen und durch die Dunkelheit zu gehen.

Der Traum

Ich bin in einem Gang. In der Hocke bin ich. Anscheinend versuche ich irgendetwas einzusortieren - im Traum wusste ich noch, was es war. Jetzt weiß ich noch, ich habe mich gewundert, dass etwas, was ich zuvor suchte, reichlich vorhanden da lag; naja.

Ab jetzt stehe ich.

Dieser Gang hat Maße wie ein Hangar, sieht aus wie in einem Großraumbüro; ich fühle mich heimisch, obwohl ich das nicht bin. Ich kenne hier alles, obwohl ich nichts Vergleichbares zuvor gesehen habe. Es bewegen sich viele Menschen hier. Sie sind durchscheinend, unwichtig, unbekannt.

Ein Mensch hat einen schwarzen Umhang um (nicht durchscheinend). Ich weiß es, es ist eine Frau; ich sehe sie von hinten, nur diesen schwarzen Umhang. Und sie ist präsent, sie ist für mich relevant. Ich denke immer, nein, tun Sie das nicht, tun Sie das nicht. Rechts, aus dem Augenwinkel, sehe ich sie.

Jetzt habe ich wieder mehr das Gefühl, es wären Gänge in einem Kaufhaus; aus irgendeinem Grund beobachte ich die universalen Menschen beiläufig. Die schwarze Frau beobachtet mich. Das, was sie tut, ist Nebensache, das weiß sie.

Die in Schwarz gehüllte Frau steht vor mir, ihr Gesicht mir zugewandt. - Während des Traumes bin ich sauer gewesen. Während des Schreibens habe ich Schweißausbrüche. - Alles an ihr erinnert an einen Sensenmann, denn sehen kann man, kann ich dieses Gesicht nicht; ich sehe vereinzelte Zähne, Zahn-Monolithen, tief im Hintergrund. Ich habe ihre Hände in meinen Händen; meine rechte drückt ihre linke, meine linke ihre rechte.

Ich kenne diese dürren, hageren Hände nur zu gut; sie waren schon zu Lebzeiten genau so. Ich weiß auch genau, wer vor mir steht. Ich drücke zu, ich drücke ihre Hände stärker und stärker. Ich sage, was ich früher niemals gesagt hätte, weil ich es niemals gewollt hätte. Ich sage es laut und lauter, eindringlich und eindringlicher, ja, ich schreie sie nahezu an: "Geh´ weg. Geh´ - weg." - Ich weiß es genau, so genau, dass es weh tut: ich brülle dies zu meiner seit Ewigkeiten toten Mutter.

Ende des Traumes

- Befreiend. Und auf eine brutale Art erlösend.

Hermine sagt: Ja, so kann´s gehen.

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